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Warum sie uns das Gehirn aussaugen 2.0

Unternehmen haben ein durchgehend schizophrenes Verhältnis zu Informationen und der Privatsphäre. Auf der einen Seite ist ihnen daran gelegen, möglicht ungehindert und detailliert Datenbestände ihrer Kunden, Geschäftspartner und Konkurrenten anzulegen. Auf der anderen Seite legen Unternehmen grossen Wert auf die Sicherheit ihrer eigenen Datensphäre. Daraus ergeben sich für einzelne Unternehmen permanente Auseinandersetzungen mit staatlichen Organen und der Öffentlichkeit, wobei die Positon je nach Lage gewechselt werden muss und deshalb zwischen Appellen und Lobbyarbeit für den Datenschutz und die Liberalisierung des Umgangs mit Informationen schwankt. In der Praxis haben Unternehmen - zumindestens ab einer gewissen Größe - natürlich sehr viel besere Chancen ihre Datensphäre effizient zu schützen als Individuen und zwar egal wie die gesetzlichen Bestimmungen lauten, so dass die Entwicklung in den meisten Industriestaaten in Richtung einer formalen Liberalisierung der Informationsflüsse geht und sich Unternehmen gleichzeitig Daten-Schutzmechanismen zulegen, die Privatleuten praktisch nicht offenstehen.

Datengettos

Vorbildlich für die Tendenz, die dahin führt, dass Unternehmen sich ihrer Datensphäre relativ sicher sein können und Individuen nur soweit, wie ihr Bankkonto sie potentiell durch die Instanzen trägt, sind die USA. Die Situation der Datenintegrität ist dabei durchaus mit der Sicherheit von Wohnungen oder Häusern vergleichbar, die immer mehr zu privat bewachten und verwalteten Walled Cities des Mittelstandes und der Oberschicht umgebaut werden. Die zunehmende Unabhängigkeit dieser Siedlungen und ihrer Bewohner vom staatlichen Gewaltmonopol führt zudem zu einer permanenten Zuspitzung der Situation, da öffentliche Mittel gestrichen werden und immer mehr Menschen, die es sich leisten können, in die neuen Wohlstands-Gettos treibt. Diese Situation lässt sich durchaus auf die Unversehrheit der Datensphäre übertragen, die für Individuen zunehmend zu einem Luxus-Gut wird. Für Unternehmen sind die beträchtlichen Kosten der Sicherung ihrer eigenen Privatsphäre dabei notwendige und bezahlbare Investitionen.

Steuerfusseisen und Korruption

Die Staaten können den Bemühungen der Unternehmen ihre Datensicherheit in die eigene Hand zu nehmen und damit das staatliche Gewaltmonopol auszuhölen, vor allem durch die Mobilität der Unternehmen nicht effizient entgegentreten. Während sie dies teils resignierend, teils sogar euphorisch [Liberalisierung ist gut!] zur Kenntniss nehmen müssen, sind die Staaten allerdings spätestens, wenn es um Steuereinnahmen geht, zur aktiven Gegenwehr gezwungen. Da sich Steuern aus Unternehmens-Daten ableiten, wird es in diesem Punkt auch in Zukunft zu andauernden Konflikten um Zugriffsrechte auf Unternehmensdaten kommen. Dabei haben allerdings die Steuerbegehrlichkeiten der Staaten auf lange Sicht die deutlich schlechteren Karten. Die Staaten versuchen zwar den Einfluss, den sie durch die Liberalisierung ehemaliger Staatsmonopole auf dem Kommunikationssektor [Telekoms] verlieren, durch neue Zugriffsrechte an definierten Schnittstellen unter dem Vorwand der Krimminalitätsbekämpfung wieder wettzumachen, aber dabei sind sie auf die Zusammenarbeit der Wirtschaft angewiesen, die diese Schnittstellen in ihre Produkte implementieren muss - und dies in der Regel zu verhindern oder zumindestens zu verwässern weiss, wie derzeit bei der Verschleppung des ETSI-Standards ["ES 201 671 1.1.1" des "European Telecom Standards Institute"].

Staaten als Dienstleister

Flucht nach vorne bedeutet für Staaten daher, dass sie sich als Dienstleister für Unternehmen ins Spiel bringen, um Steuern zu rechtfertigen und Konzerne an das eigene analoge Territorium zu binden. Dazu müssen Staaten allerdings Dienstleistungen definieren, die die Wirtschaft nicht selbst liefern kann, da die Preisgestaltung der Staaten für ihre Leistungen mit privatwirschaftlichen nicht konkurrieren kann. Letztendlich bleibt den Staaten dabei nur, sich als Betreiber von Kriegen anzubieten, sowohl klassischen als auch Informations-Kriegen. Staaten müssen sich daher in ein Wettrüsten für Info-Wars zu begeben, um sich in der Folge als Schutzschild gegen die eigenen Waffen anzubieten. Für ein besseres Morgen: Shareholder der eigenen Datensphäre bleiben.

August 2000 | wa


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