-- Big Brother Awards Austria 2010 -- Datenschutz ist Menschenrecht --

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From Big Brother Awards 2010

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(John Young et al. für das Projekt Cryptome)
 
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Die [[Jury]] und das Publikum haben entschieden: die Big Brother Awards Austria 2008 gehen an ...
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= Kagegorie Business und Finanzen =
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== Gudrun Höfner GF ITworks: Gemeine Datenabzapfung bei Langzeitarbeitslosen ==
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== Business und Finanzen ==
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"Handeln wir mitarbeiterInnenorientiert, gender- und diversitysensibel," heißt es im "Leitbild" der Firma "itworks Personalservice gemeinnützige Arbeits- kräfteüberlassung GmbH", denn "die Menschen, ihre Bedürfnisse und persönlichen Herausforderungen stehen im Vordergrund". Danach ist noch von "respektvollem Umgang, Wertschätzung und einem individuellen Betreuungsverhältnis" die Rede - man ahnt es schon: Wer mit sovielen hehren Worten herumschmeißt, hat etwas ganz anderes vor. Die gelebte Realität dieser Firma, die beim Eintreffen des "individuell Betreuten" bereits über seine Daten samt Sozialversicherungsnummer aus dem Arbeitsmarktservice verfügt, sieht anders aus. Die "gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung" bedeutet nämlich "Leiharbeiterfirma", die Arbeitssuchenden werden - auf freiwilliger Basis - dazu "motiviert" einen umfassenden Fragebogen auszufüllen, zum Zwecke schnellerer Arbeitsvermittlung. Gender- und diversitysensibel wird da abgefragt, ob die bisherigen Beschäftigungen einvernehmlich aufgelöst wurden oder nicht. Dazu kommt eine ganze Latte von Fragen nach persönlichen Problemen, wie es die Arbeitssuchenden mit Drogen, Alkohol, Spielsucht, oder Medikamentenkonsum halten - und nach schon getilgten Vorstrafen wird auch gefragt. Das dies nur der Ausdruck des "respektvollen Umgangs" und der "Wertschätzung" sein sollte, die itworks den solchermaßen Betreuten entgegenbringt, hat sich in den Webforen zum Thema Arbeitslosigkeit noch nicht herumgesprochen. Die Leute haben vielmehr Angst.
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=== Bruno Wallnöfer, TIWAG Vorstandsvorsitzender: Mit Detektiven gegen Kritiker ===
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* http://www.itworks.co.at/index.php?id=173
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* http://www.arbeitslosennetz.org/arbeitslosigkeit/ams-berichte/zwangsarbeit/itworkspersonalvermittlung/itworks_erfahrungsberichte.html
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* http://www.soned.at/f8f580fee110cfc41a3420f436c402ab.html
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Der Tiroler Energieversorger hat bei seinem beinahe vier Jahre währenden Versuch, einen Kritiker mundtot zu machen, wirklich überhaupt nichts ausgelassen. Der Ötztaler Publizist Markus Wilhelm berichtet im Netz über die Ausbaupläne der TIWAG in unverbauten Alpentälern, Vetternwirtschaft und die dubiosen Cross-Border-Leasing-Verträge von TIWAG-Kraftwerken, die immerhin in öffentlichem Eigentum stehen. Erst versuchte die Tiwag die verwendte Domain im Handstreich auszuschalten, dann wurde Wilhelm für seine Veröffentlichung mit Klagen in existenzbedrohender Höhe eingedeckt wofür die TIWAG bereits 2005 nominiert wurde. Nun kam heraus, dass der Energieversorger - Eigentümer ist das Bundesland Tirol - den Kritiker Wilhelm auch ein Detektivbüro auf den Hals gehetzt hat. Über 1000 Stunden ließ die TIWAG gegen Wilhelm ermitteln, Kostenpunkt: 152.000 Euro.
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== Begründung der [[Jury | Jury]] ==
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* http://tirol.orf.at/stories/267022
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''Die Wahl in dieser Kategorie war für die Jury trotz ambitionierter Gegenkandidaten letzlich doch einfach. Und das nicht etwa, weil die Firma Itworks etwa die einzige Firma wäre, die derartige "Services" für das AMS abwickelt, oder sie das in ganz besonderds auffälliger Weise täte. Der Fall steht vielmehr stellvertretend für den Umgang mit Menschen, die ohnehin täglich mit der Verzweiflung kämpfen müssen, weil sie im Eck des individuellen Schuldenkäfigs sitzen: wehrlos und allein.''
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* http://www.politikportal.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20080329_OTS0006
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* http://dietiwag.org/index.php?id=2630
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* http://www.heise.de/newsticker/Tiroler-Wasserkraft-Schweigeklage-gegen-Online-Kritiker-abgewiesen--/meldung/117041
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* http://www.heise.de/newsticker/TIWAG-at-kritische-Website-bleibt-online--/meldung/58314
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* [http://bigbrotherawards.at/2005/Nominierungen.html#TIWAG_f.C3.BCr_den_Versuch.2C_einen_Kritiker_mundtot_zu_machen http://bigbrotherawards.at/2005/Nominierungen.html]
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= Kategorie Politik =
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== Politik ==
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== Josef Pröll [ÖVP]: Transparente Bürger, intransparente Politik ==
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=== Günter Kößl [ÖVP] und Rudolf Parnigoni [SPÖ]: Sicherheitspolizeigesetz - Mir wern kan Richter brauchen ===
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Auch wenn er selbst [Morgenjournal 2.9. 2010] beteuerte, dass "die absolut strengen Grundlagen des Datenschutzes aufrechterhalten" würden - was Josef Pröll da im Namen der "Transparenz" so eingefallen ist, spricht dieser Behauptung Hohn. Da wird eine riesige, zentrale Datenbank errichtet, die bald über jeden Einwohner der Republik ein eigenes Finanzdossier enthalten wird. Alle bisherigen Bemühungen, einen Schutz vor der Zusammenführung völlig unterschiedlicher Lebensbereiche, wie sie etwa die "bereichsspezifische Personenkennzahl" bietet, wird damit zunichte gemacht. Es ist die Sozialversicherungsnummer, die personenbezogene Vorgänge aus dem Familienleben, Alltag, Gesundheit und Beruf verknüpft. Derartige hochintgre, gut gepflegte und stets aktuelle Datensätze, die sämtliche Zahlungen Bürger-Staat und umgekehrt abbilden, aber werden unwiderstehliche Objekte der Begierde korrupter Bürokraten, Erpresser und anderem Gelichter sein. Und so gehen die Parteien vor, wenn es sie selbst betrifft: Wie die Rechnungshofberichte zeigen, wird nur ein Bruchteil der etwa 300 Millionen Euro, die von den Parteien pro Jahr zusammen lukriert werden, dem Rechnungshof gemeldet. Sanktionen bei Fehlinformationen gibt es nicht.
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Am Nikolaustag 2007 holten Günter Kößl und Rudolf Parnigoni, die Sicherheitssprecher von ÖVP und SPÖ, die Rute aus dem Sack: Sie schleusten die Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes durch den Nationalrat, die es der Polizei erlaubt, IP-Adressen und Handystandortdaten ohne richterliche Kontrolle abzufragen, Stichworte: "Gefahr im Verzug", "Auffindung verirrter Wanderer vermittels IMSI-Catcher". Vorbei an Innenausschuss und Datenschutzrat machten Kößl und Parnigoni das Sicherheitspolizeigesetz in einer Version beschlussreif, die zu den Handystandortdaten auch noch den Zugriff auf die IP-Adresse erlaubte. Endgültig ausgehebelt war der parlamentarische Workflow, als das Sicherheitspolizeigesetz als letzter Punkt der letzten Parlamentssitzung des Jahres kurz vor Mitternacht durch den Nationalrat ging.
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* http://derstandard.at/1277339626817/Parteienfinanzierung-OeVP-hat-die-meisten-Grossspenden-veroeffentlicht
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* http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/591634/index.do
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* http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/2464895/transparenzdatenbank-ging-begutachtung.story
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* http://derstandard.at/1282978634141/Ministerrat-Koalition-einigt-sich-bei-Transparenzdatenbank
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Seit dem 1. Jänner 2008 definiert die Polizei allein, was "Gefahr im Verzug" bedeutet. In der Praxis heißt es jedenfalls: Ein Richter wird bei dieser Zugriffsgenehmigung nicht gebraucht. Seitdem sind die Abfragen der Behörden bei Internet-Providern und Telekoms nach Standortdaten und IP-Adressen exponentiell gestiegen. In den ersten fünf Wochen 2008 wurden die Standorte von 82 Handynutzern lokalisiert und 2.766 Anschlussinhaber ausgeforscht, 32 Anfragen laut "Die Presse" sind es täglich, bei T-Mobile geht man von noch höheren Zahlen aus.
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== Begründung der Jury ==
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Nebenbei wurden den Sicherheitsorganen auch 600.000 Euro zur Anschaffung von IMSI-Catchern genehmigt, denn die würden ja zur Ortung der "verirrten Tourengeher" gebraucht, so Kößl und Parnigoni. Die tatsächlichen Features eines IMSI-Catchers aber sind, sehr verkürzt: Das Gerät simuliert eine GSM-Basisstation [Handy-Mast] und zieht die Handys aus der näheren Umgebung dadurch auf sich. Sodann fragt der Catcher die internationale Kundennummer [IMSI] des Handy-Besitzers ab, deaktiviert die GSM-Verschlüsselung, um im Bedarfsfall die Telefonate mitschneiden zu können. Das allerdings ist vom Sicherheitspolizeigesetz nicht gedeckt, über dessen gesetzesmäßigen Vollzug der "Rechtsschutzbeauftragte" wacht, also ein Beamter und kein unabhängiger Richter. Passend dazu wurden die Polizeijuristen abgeschafft.
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''Wie die seit 19 Oktober fix beschlossene "Transparenzdatenbank" genau aussehen soll, ist noch nicht im Detail bekannt. Die ersten über Josef Prölls Idee bekanntgewordenen Informationen zur Umsetzung dieses neuen Datenbankmolochs, laufen auf die direkte Verknüpfbarkeit der Datensätze aus den einzelnen Ministerien hinaus. Ein besonderes Anliegen war es der Jury, das ungeheure Transparenzgefälle zwischen Parteien und Bürger aufzuzeigen: Hie der gläserne Bürger, dort ein weitgehend opakes Parteienfinanzierungssystem.''
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* http://futurezone.orf.at/it/stories/241096/
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= Kategorie Behörden und Verwaltung =
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* http://futurezone.orf.at/it/stories/241208/
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* http://futurezone.orf.at/it/stories/242015/
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* http://futurezone.orf.at/it/stories/288198/
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* http://derstandard.at/?id=3145673
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* http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/370803/index.do
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== Staatssanwaltschaft Wien: Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren ==
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== Behörden und Verwaltung ==
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Rechtstitel bestand in Österreich zwar keiner, Amtshilfe wurde für die Staatsanwaltschaft München trotzdem geleistet - auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien wurden zwei österreichische Journalisten, die für ein österreichisches Medium [profil] arbeiten als "Beschuldigte" zur Einvernahme in das Landeskriminalamt Wien bestellt. Bloßes Zitieren aus den Gerichtsakten eines laufenden Verfahrens ist in Österreich legal und stellt keinen Straftatbestand wie in Deutschland da. Da Ähnliches aus gleichem Anlass drei weiteren österreichischen Journalisten [News, Wirtschaftsblatt] widerfuhr, drängt sich schon der Verdacht auf, dass es sich dabei weniger um juristische Inkompetenz, sondern vielmehr um Methode handelt. Dieselbe Staatsanwaltschaft Wien ist nämlich zeitgleich durch einen eigenwilligen Umgang mit dem Terrorismusparagrafen aufgefallen, wegen zweier Mistkübelbrände wurde über vier Studierende eine mehrwöchige Untersuchungshaft verhängt. Die solchem Ungeist eng verwandte Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wendet den genannten Paragrafen 278a ("Terroristische Vereinigung") hingegen vorzüglich auf Tierschutzaktivisten an. Was die Verfolgung von Journalisten angeht, so hat es den Niederösterreichern weniger der Printbereich, als vielmehr Video angetan. Gegen einen TV-Dokumentaristen [ORF] und zwei Skinheads wird gleichermaßen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ermittelt, Anlaß dafür: Ein Zuruf von Heinz Christian Strache [FPÖ]. Die Staatsanwaltschaft reagierte prompt und ordnete die Beschlagnahme des gesamten Drehmaterials an.
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=== Daniela Strassl, Direktorin von Wiener Wohnen: 220.000 Fragebögen mit versteckter Kundennummer ===
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* http://www.profil.at/articles/1038/560/278362/wie-staatsanwaltschaft-beschuldigte
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* http://derstandard.at/1282273299718/Brickners-Blog-Einsperrjustiz-gegen-Uni-Aktivisten
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* http://derstandard.at/1285200096592/Wiener-Neustadt-Landesgericht-kommt-nicht-aus-den-Schlagzeilen
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Rechtzeitig vor der Wahl fiel der Geschäftsführung von "Wiener Wohnen" ein, dass sie eigentlich schon immer wissen wollte, was die Gemeindebaumieter so über ihre Wohnung, Hausanlage, Nachbarn, Umgebung, Sicherheitssituation, Hausverwaltung und die Stadt Wien denken. Der "Auftakt zu einer langfristigen direkten Kommunikation mit den Bewohnern" sollte es werden. 220.000 Fragebögen wurden ausgesandt, die ganz oben mit persönlicher Anrede [Nachname] versehen waren. Ganz unten trugen auf Seite zwei sie den Hinweis, dass dieser Fragebogen "gerne auch anonym" eingesandt werden könnte. Also: man könne den aufgedruckten Namen auch unkenntlich machen.
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== Begründung der Jury ==
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Der zuständige Stadtrat Michael Ludwig [SPÖ] antwortete auf diesbezügliche Fragen zudem so: Da stehe ja nur der Familienname zur persönlichen Anrede, aber nicht einmal der volle Name und die Adresse am Fragebogen. Wer freilich genauer hinsah, dem fiel auf Seite zwei ein Barcode von perfider Unscheinbarkeit auf. Dieser Strichcode diene nur der Zuordnung des Fragebogens zu den Verwaltungssprengeln, sagte der Wohnbaustadtrat dazu.
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''Die Entscheidung in dieser Kategorie war nicht ganz einfach, als hartnäckigster Konkurrent erwies sich der beschämende Striptease den Neo-Österreicher abolsvieren müssen. Letztendlich standen dann doch die Staatsanwaltschaften am tiefsten in der Ungunst der Jury. Der wiederholten Versuche, Deutsches Recht in Österreich umzusetzen, nur weil den Staatsanwaltschaften offenbar ein Paragraf gar so gut gefällt, der Zitieren aus Gerichtsakten unter Strafe stellt, waren die letzten Tiefpunkte einer Entwicklung, die konsequent in eine Richtung ging.''
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Wie mit einem Barcode-Lesegerät festgestellt werden konnte - nur damit ist der Inhalt des Codes lesbar - ist das im günstigsten Falle irreführend. Der seitlich angebrachte Strichcode enthält nämlich die volle "Wiener Wohnen" Kundennummer des Mieters. Damit ist jeder Fragebogen direkt mit dem vollen Datensatz des Gemeindebaumieters verknüpfbar. Die dort vorhandenen Stammdaten inklusive Zahlungsgewohnheiten ergänzen sich prächtig mit den erhobenen Informationen: Verträgt sich der Mieter mit den Nachbarn? Hat er vielleicht vor, ausziehen?
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= Kategorie Kommunikation und Marketing =
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Nach Ansicht der Jury hat auf diesem Bogen jedenfalls eine Frage gefehlt: "Sind sie sicher, dass sie nichts zu verbergen haben?"
 
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* Vorderseite: http://www.flickr.com/photos/forumsfratz/2875737572/sizes/l
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== T-Mobile Austria: Big Brother Netzbetreiber stellt sich dumm ==
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* Rückseite: http://www.flickr.com/photos/forumsfratz/2875736756/sizes/l
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* http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3902&cob=372799
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* http://www.kurier.at/nachrichten/wien/203752.php
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* Wiener Bezirkszeitung 18/2008, S. 22
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* http://quintessenz.at/d/000100004733
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"Wenn Sie unerwünschte Kurznachrichten erhalten haben und Ihnen dafür Gebühren angefallen sind" dann tut das T-Mobile zwar leid, man hat aber "leider keinen Einfluss darauf, ob und an wen diese SMS versendet werden", da dies von Drittfirmen geschehe."Für uns ist nicht nachvollziehbar ob/wie ... und wann dieser Mehrwert-Dienst angemeldet bzw. bestellt wurde – dies kann nur der Dienstanbieter." T-Mobile weiß also nichts, hat keinen Einfluss und kann nicht nachvollziehen, was im eigenen proprietären T-Mobile-Netz geschieht - wie gut, dass wenigstens das Billing klaglos funktioniert. Monate nach den ersten Beschwerden über massenhaft versandte, betrügerische Mehrwert-SMS, die pro Stück mit fünf Euro [!] vergebührt wurden, kassierte der Mobilnetzbetreiber immer noch dabei mit, anstatt die Betrüger aus dem Netz zu werfen, oder die Mehrwertdienste sofort zu deaktivieren. Eine Reaktion erfolgte erst, wenn ein Kunde den Betrug bemerkt und sich beschwert hatte. Und dann hatte man seitens des Netzbetreibers noch die Stirn, das als "kulant" zu bezeichnen: "Im Sinne der Kundenzufriedenheit haben wir uns dazu entschlossen aus Kulanz die Gebühren der verrechneten Mehrwertdienste zu übernehmen." Das ist Big Brother Netzbetreiber, der sich dumm stellt, solange das Inkasso funktioniert. Er kann sich darauf verlassen, dass der Kunde ohnehin keine Chance hat, die tatsächlichen Vorgänge im proprietären Netz von T-Mobile auch nur im Ansatz nachzuvollziehen.
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== Kommunikation und Marketing ==
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* http://www.t-mobile.at/faq
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* http://www.rtr.at/de/tk/mwd_beschwerde
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* http://derstandard.at/1280984463902/SMS-Spam-Empfang-kostet-bis-zu-vier-Euro
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* http://www.konsument.at/jforum/posts/list/115.page
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* http://www.kleinezeitung.at/allgemein/multimedia/2094759/mehrwert-sms-besten-handy-rechnungen-kontrollieren.story
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* <html><tt><a href="http://www.bigbrotherawards.at/2010/Stellungnahme_T-Mobile"><font color="red">Fri, 22 Oct 2010: Stellungnahme von T-Mobile</font></a></tt></html>
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=== UPC - Aus österreichischen Tippfehlern werden US-Werbeprofile ===
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== Begründung der Jury ==
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In welcher Situation ist eine Person wenn sie eigentlich "schwangerschaftsberatung.at" ansehen wollte? Welche Rückschlüsse lassen sich auf das persönliche Umfeld eines Menschen ziehen, der versehentlich "gebrauchtwagn.at" oder "jobbörse..at" eintippt? Und was ist, wenn die aus all diesen Fehlern generierte Information automatisiert in den USA zur Anlage von Werbeprofilen verknüpft wird, ohne dass der User davon eine Ahnung hat?
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''Die Jury hat sich erstens deshalb so entschieden, weil die Mehrwert-SMS-Abzocke leider ein Dauerbrenner für die österreichischen Mobilfunkkunden ist. Weitaus die meisten, vorliegenden Beschwerden betreffen das Netz von T-Mobile. Obwohl das Unternehmen seine Kunden ganz offensichtlich nicht vor massiver Abzocke durch Betrüger schützen kann - kassiert man ungerührt erst einmal mit ab. Und das geschieht solange, bis der Kunde den Betrug bemerkt und sich beschwert. Erst dann werden die Mehrwertnummern von T-Mobile gesperrt, was wiederum nur lückenhaft funktioniert.''
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Der Internet-Provider UPC/Chello testet in Österreich einen Service mit dem sich viele andere Provider und selbst Internetregistrar Verisign schon vor Jahren eine blutige Nase geholt haben. Das von UPC verwendete System der US-Firma Nominum fängt Tippfehler bei der Adresseingabe im Browser ab und leitet sie an den kommerziellen Werbe- und Suchdienst InfoSpace weiter. Das passiert ungefragt für alle, ausser man meldet sich aktiv davon ab oder betreibt einen eigenen Nameserver. Alle anderen werden von Infospace mit kommerziellen Werbebannern und einem eindeutigen Cookie beglückt, Ablaufdatum: das Jahr 2108 [sic!].
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= Kategorie Lebenslanges Ärgernis =
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Auch wenn UPC beteuert, während der mehrmonatigen Testphase noch kein Geld daran zu verdienen, sind Werbeprofile mit angereicherten Tiefendaten viel Geld wert. Tatsache ist, dass ein großer österreichischer Provider die Privatsphäre seiner Kunden ungefragt an ausländische Werbefirmen verscherbelt, die zu weit entfernt sind um europäischen Datenschutzbestimmungen zu entsprechen.
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== Die Internetabsperrer ==
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* http://www.heise.de/newsticker/Oesterreichischer-Provider-UPC-testet-Sitefinder-Dienst--/meldung/115354
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Die amtlichen Stopptaferlaufsteller, deren Vorgangsweise - Manipulation des Domain Name Systems - jener der Phishing-Betrüger technisch zum Verwechseln ähnlich ist, sind nicht die einzigen Internetabsperrer. Massives Interesse daran hat auch die Medien- und Unterhaltungsindustrie, sowie jene Politiker, die sich von dieser Lobby Vorteile für die Öffentlichkeitsarbeit versprechen. In welch engem Verhältnis zwei völlig ungleiche Delikte wie Downloads von urheberrechtsgeschütztem Material und sexueller Missbrauch von Kindern stehen, lassen wir am besten einen Vertreter der genannten Lobby selbst erklären. Wörtliches Zitat von Johan Schlüter, Anwalt und Lobbyist der International Federation of Phonographic Industries in Dänemark auf einer Veranstaltung der amerikanischen Handelskammer in Stockholm am 27. Mai 2007: "Kinderpornografie ist großartig, weil sie von Politikern verstanden wird. Wenn wir diese Karte spielen, kriegen wir sie dazu, zu handeln und Websperren einzuführen. Wenn das geschafft ist, werden sie auch bereit sein, Filesharing-Sites zu blockieren."
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* http://www.nominum.com./products/vantio_nxr.php
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* http://www.bankkaufmann.com/a-70679-Nominum-bietet-mit-Vantio-NXR-neue-Services-fuer-Kunden-von-Breitband-Providern.html
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* http://nxr.chello.at/upcatassist/dnsassist/main?domain=www.schwangersschaftsberatung.at
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* http://xdsl.at/viewtopic.php?t=42713&postdays=0&postorder=asc&start=0
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* http://www.netzwerklabor.at/kramuri/sitefinder/
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= Kategorie Volkswahl =
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== Lebenslanges Ärgernis ==
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== Claudia Bandion-Ortner [ÖVP], Justizministerin ==
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=== Post AG - Notorischer Datenhändler ===
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Wie der Verlauf dieser Gala zeigt, haben sich die Ministerinnen und Minister der ÖVP im Jahr 2010 nachgerade um diese Preise angestellt. Trotz eines veritablen Kraftakts in letzter Minute - kleine Mädchen der Mutter wegnehmen und in Schubhaft stecken - hat es für Innernministerin Maria Fekter heuer trotzdem nicht gereicht. Claudia Bandion-Ortner war in der Ungunst des Publikums heuer einfach nicht zu schlagen. Während die Gangster mit den weißen Kragen weiterhin frei herumlaufen, weil partout keine Anklage gelingen will, verhängte man unter ihrer Ägide als Justizministerin wegen eines brennenden Mistkübels zum Beispiel mehrwöchige Untersuchungshaft über vier jungen Menschen. Das sogenannte Terrorismuspräventionsgesetz hat nämlich zivilen Ungehorsam in prekäre Nähe zur schweren Kriminalität gerückt. Der Muff von tausend Jahren, der uns 2010 aus den Staatsanwaltschaften entgegenweht, musste man nicht erst aus Deutschland importieren, denn der ist hausgemacht: Im Bundesministerium für Justiz.
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Es gibt Ersttäter, Rückfällige und Gewohnheitsstäter - und es gibt die österreichische Post AG, die unbeirrt ein und dasselbe Ziel verfolgt. Die persönlichen Daten ihrer Kunden weiterzuverkaufen. 2001 wurden die Postler für ihre Kollaboration mit dem Datenhändler Schober bereits mit einem Award ausgezeichnet. Schober bot die persönlichen Daten "von allen 5,5 Millionen erwachsenen Privatpersonen in Österreich mit bis zu 100 marketing-relevanten Merkmalen pro Person" an. 2003 setzte es Award Nummer zwei für die Datenerhebungspraxis über ein Formular, an dem in Österreich niemand vorbeikommt, der die Adresse wechselt. Mit Erteilung eines Nachsendeauftrags stimmte man automatisch der Datenweitergabe zu. Wer das nicht wollte, musste ein zweites Formular zum Widerruf ausfüllen. 2008 ist die Passage zum Widerruf zwar auf dem [Papier]-Formular vorhanden, aber im Kleingedruckten so gut versteckt, dass sie kaum wahrgenommen wird. Wer seinen Antrag im Netz ausfüllt, hat auf direktem Weg keine Chance, die Weitergabe der Daten abzulehnen, denn das Formular enthält kein Feld, das diese Option anbietet. Die einzige Möglichkeit ist, die entsprechende Passage auf dem Ausdruck manuell durchzustreichen.
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= Defensor Libertatis =
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Seit Anfang 2008 verlangt die Post bei Nachnahmesendungen jetzt auch die Bekanntgabe von Geburtsdatum und -ort. Dabei beruft man sich auf EU-Vorgaben zur Bekämpfung von "Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung".
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== John Young et al. für das Projekt Cryptome ==
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* http://app.post.at/onlinenachsendeauftrag/
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* http://www.bigbrotherawards.at/2001/winners/2001.shtml
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* http://www.bigbrotherawards.at/2003/nominees/winners_2003.php#komm
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* http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=53272egh
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* http://salzburg.orf.at/stories/265853/
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* http://help.orf.at/?story=8020
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* http://help.orf.at/?story=8168
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* <font color="red"><tt>Mon, 20 Oct 2008 16:55</tt> Pressesprecher Michael Homola teilt mit, dass Post-Generaldirektor Anton Wais die Gala wegen eines Auslandsaufenthaltes nicht besuchen kann. Ein Vertreter wurde nicht benannt.</font>
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Was ein Mensch für die Weltöffentlichkeit bewirken kann, beweist der New
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Yorker Architekt John Young. Seit 1996 haben sich auf der von ihm
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verantworteten Website Cryptome.org mehr als 56.000 Dokumente
 +
angesammelt, deren Verfügbarkeit Regierungen rund um die Welt ein
 +
permanenter Dorn im Auge ist. Wenn Meldungen über im Internet
 +
veröffentlichte Namenslisten von MI6 oder CIA-Agenten durch die
 +
Breitenmedien gingen, dann fanden sich diese Listen in Zeiten vor
 +
Wikileaks stets auf Cryptome. John und seine langjährige Partnerin, die
 +
Kartografin Deborah Natsios stellen Cryptome seit Mitte der 90er Jahre
 +
diese Plattform zur Verfügung. Seit 1995 wird sie von einer weltweiten
 +
Community - zu der unter anderen die legendären Cypherpunks gehören -
 +
dazu benutzt, geheimgehaltene, unterdrückte oder sonstwie zensurierte
 +
Dokumente der Weltöffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
 +
Wann immer es in der Vergangenheit zu riskant erschien, gewisse,
 +
eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokumente europäischen
 +
Ursprungs im EU-Raum ins Netz zu stellen, genügte eine Mail an John und
 +
schon waren sie öffentlich. Cryptome hat sich im Lauf der Jahre mit
 +
praktischem jedem Protagonisten des militärisch-elektronischen
 +
Überwachungskomplexes [nicht nur] der Vereinigten Staaten von Amerika
 +
angelegt: Mit vielen davon auch persönlich, weil John Young den
 +
grassierenden Überwachungswahn ganz persönlich nimmt.
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== Publikumspreis ==
+
Für ein Leben im Kampf gegen Überwachung und Zensur und für nachgerade
 +
beängstigenden Mut wird deshalb der "Defensor Libertatis" an den
 +
Verteidiger der Freiheit, John Young verliehen. Für uns und alle anderen
 +
aber bedeutet dieses Vorbild: Schafft ein zwei, drei, viele Cryptomes!
 +
Schafft ein, zwei, drei - schafft viele Wikileaks!
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=== Telekom-Austria: Kundendaten für die Porno-Industrie ===
+
* http://www.cartome.org/nss/Natsios-NSS.htm http://www.natsios-young.com/
 +
* http://www.cryptome.org
 +
* http://www.wired.com/wired/archive/1.02/crypto.rebels.html
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Die in Deutschland grassierende Abmahnwelle - im letzten Jahr wurden nach übereinstimmenden Schätzungen etwa 150.000 Menschen wegen angeblicher Verletzung der Urheberrechte abgemahnt - ist im Herbst 2008 nach Österreich übergeschwappt. Auf Begehren einer Vorarlberger Anwaltskanzlei, die im Auftrag von Pornofirmen tätig wurde, gab die Telekom Austria die persönlichen Daten der Kunden von hunderten Breitbandanschlüssen weiter. In hart an der Drohung formulierten Mahnschreiben forderte man eine Pauschalgebühr von rund 800 Euro für den Download "urheberrechtsgeschützter Werke" die Rechteinhabern wie "Cazzo Film" oder "Muschi Movie" gehören. Die Telekom Austria berief sich erst auf die Rechtslage: Laut OGH-Entscheid sei man verpflichtet, bei Urheberrechtsverletzungen Stammdaten und IP-Adressen der Kunden herauszugeben. Weder der Verband der Internet-Provider [ISPA], noch die Mitbewerber der TA - also alle anderen - teilen diese Rechtsansicht, Bedingung für die Datenweitergabe ist für sie immer noch der Beschluss eines ordentlichen Gerichts. Dass man bei auch der TA von der eigenen Rechtsmeinung nicht wirklich überzeugt war, beweist der Schwenk: Nach lautstarken Protesten der Kunden wurde die Datenweitergabe abgestellt.
+
== Reaktion von Cryptome ==
-
Zur ursprünglichen Entscheidungsfindung, also die Daten ihrer Kunden überhaupt und freiwillig weiterzugeben mag erstens beigetragen haben: Pro Anfrage im Auftrag von "Muschi Film" und Co wurde dieselbe Gebühr verrechnet, die laut Verordnung für gerichtlich angeordnete Überwachungen eingehoben wird. Das sind rund 100 Euro, bei den geforderten 800 Euro ist das ein Schnitt von 12,5 Prozent pro Fall und insgesamt ein schönes Körberlgeld, zumal der gesamte Aufwand eine simple Datenbankabfrage ist.
+
Thanks everyone and you in particular for the distinguished award. We
 +
listened to most of it, albeit crippled by minimal knowledge of German.
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Mother of all Wikileaks we heard clearly, thank you. 1. The honor
 +
should go to Cryptome, a collaboration of thousands, not to John Young,
 +
the backroom grunt who provides janitorial labor.
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Warum die Telekom, zweitens, nicht gegenüber einem Medienkonzern, sondern gegenüber Porno-Winzlingsfirmen schwach geworden ist, passt ebenso ins Bild. Aus einer Unzahl von einschlägigen Betrugsfällen - Rechnungslegung ohne Leistung und andere Abzockereien - ist bekannt, dass die Betroffenen in der Regel stillschweigend bezahlen, da in Zusammenhang mit Pornos niemand seinen Namen öffentlich genannt haben will.
+
2. A principal collaborator is my long-time Cryptome partner, Deborah
 +
Natsios, who also avoids the spotlight in favor of quiet scholarship. I
 +
do that too but keep it even quieter.
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* http://diepresse.com/home/techscience/internet/sicherheit/423309/index.do
+
3. Celebrating Cryptome should encourage others to do something similar,
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* http://derstandard.at/Text/?id=1224169825646
+
as you say, one, two, three and beyond. As Wikileaks was encouraged, and
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* http://derstandard.at/Text/?id=1224169785885
+
as it will inspire others to do.
-
* http://www.abmahnwahn-dreipage.de/
+
 +
4. Quintessenz is a collaborator, as are cypherpunks, and multitudes of
 +
others around the world, many preferring to remain anonymous and not
 +
seek celebrity over public service.
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{| style="background-color:#ccffcc; border:thin solid green; padding:10px; font-family:Verdana; font-size:10pt;" width="100%" |
+
5. Cryptome could not happen without the vast opportunities of the
-
|
+
collaborative Internet to avoid the constricted control of heirarchical
 +
authoritatives -- who will forever attempt to use the Internet to
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maintain control as if a god-given responsibility.
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== Positivpreis "Defensor Libertatis" ==
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6. Disobedience of authoritatives is essential, as the Big Brother
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Awards amply evidence.
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=== Meryem Marzouki, Kosmopolitin und Doyenne der Bürgerrechte im Informationszeitalter ===
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Seit sich die digitale Bürgerrechtsbewegung Europas Mitte der Neunziger
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Jahre zu konstituieren begann, ist der Name Meryem Marzouki nicht mehr
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wegzudenken.
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Meryem war Gründungsmitglied der ersten weltweiten Dachorganisation
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Global Internet Liberty Campaign 1996 und wirkte seitdem bei jeder
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großen Aufklärungskampagne gegen Zensur und Verschlüsselungsverbote,
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gegen Überwachung, Gängelung und Kontrolle federführend mit. Parallel
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dazu baute sie in Frankreich mit IRIS eine der schlagkräftigsten Truppen
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im Kampf gegen die Überwachungslawine in Europa auf.
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Dass Meryem Marzouki nach der Jahrtausendwende zur Vorsitzenden des
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Dachverbandes European Digital Rights [EDRi] gewählt wurde, war nur
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konsequent und - wenn auch im Nachhinein betrachtet - eigentlich
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voraussehbar.
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Als Vorsitzende eines Dachverbands von Cyber-Habenichtsen, die durch ihr
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Engagement fehlende Budgets mehr als kompensieren, hat es die Doyenne
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der digitalen Bürgerrechtsbewegung in Europa souverän verstanden, die
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Energien zu bündeln und über alle nationalen Grenzen hinweg der
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Forderung nach Wiederherstellung der Bürgerrechte im
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Informationszeitalter lautstarken Ausdruck zu verleihen.
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Für Feiern war stets zuwenig Zeit und so auch jetzt. Denn Meryem
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Marzouki ist - wie zu erwarten - in der ersten Reihe bei all jenen
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dabei, die eines der schädlichsten, je bekannt gewordenen Projekte in
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Europa zu Fall bringen werden: Das Datenbankmonster EDVIGE der außer
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Rand und Band geratenen Regierung Nicholas Sarkozy.
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* Kontext: [[Kategorien]] und [[Nominierungen|Nominierte 2008]]
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* Gewinner-Reaktionen werden selbstverständlich im vollen Wortlaut wiedergegeben und an dieser Stelle verlinkt
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Contents

Kagegorie Business und Finanzen

Gudrun Höfner GF ITworks: Gemeine Datenabzapfung bei Langzeitarbeitslosen

"Handeln wir mitarbeiterInnenorientiert, gender- und diversitysensibel," heißt es im "Leitbild" der Firma "itworks Personalservice gemeinnützige Arbeits- kräfteüberlassung GmbH", denn "die Menschen, ihre Bedürfnisse und persönlichen Herausforderungen stehen im Vordergrund". Danach ist noch von "respektvollem Umgang, Wertschätzung und einem individuellen Betreuungsverhältnis" die Rede - man ahnt es schon: Wer mit sovielen hehren Worten herumschmeißt, hat etwas ganz anderes vor. Die gelebte Realität dieser Firma, die beim Eintreffen des "individuell Betreuten" bereits über seine Daten samt Sozialversicherungsnummer aus dem Arbeitsmarktservice verfügt, sieht anders aus. Die "gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung" bedeutet nämlich "Leiharbeiterfirma", die Arbeitssuchenden werden - auf freiwilliger Basis - dazu "motiviert" einen umfassenden Fragebogen auszufüllen, zum Zwecke schnellerer Arbeitsvermittlung. Gender- und diversitysensibel wird da abgefragt, ob die bisherigen Beschäftigungen einvernehmlich aufgelöst wurden oder nicht. Dazu kommt eine ganze Latte von Fragen nach persönlichen Problemen, wie es die Arbeitssuchenden mit Drogen, Alkohol, Spielsucht, oder Medikamentenkonsum halten - und nach schon getilgten Vorstrafen wird auch gefragt. Das dies nur der Ausdruck des "respektvollen Umgangs" und der "Wertschätzung" sein sollte, die itworks den solchermaßen Betreuten entgegenbringt, hat sich in den Webforen zum Thema Arbeitslosigkeit noch nicht herumgesprochen. Die Leute haben vielmehr Angst.

Begründung der Jury

Die Wahl in dieser Kategorie war für die Jury trotz ambitionierter Gegenkandidaten letzlich doch einfach. Und das nicht etwa, weil die Firma Itworks etwa die einzige Firma wäre, die derartige "Services" für das AMS abwickelt, oder sie das in ganz besonderds auffälliger Weise täte. Der Fall steht vielmehr stellvertretend für den Umgang mit Menschen, die ohnehin täglich mit der Verzweiflung kämpfen müssen, weil sie im Eck des individuellen Schuldenkäfigs sitzen: wehrlos und allein.

Kategorie Politik

Josef Pröll [ÖVP]: Transparente Bürger, intransparente Politik

Auch wenn er selbst [Morgenjournal 2.9. 2010] beteuerte, dass "die absolut strengen Grundlagen des Datenschutzes aufrechterhalten" würden - was Josef Pröll da im Namen der "Transparenz" so eingefallen ist, spricht dieser Behauptung Hohn. Da wird eine riesige, zentrale Datenbank errichtet, die bald über jeden Einwohner der Republik ein eigenes Finanzdossier enthalten wird. Alle bisherigen Bemühungen, einen Schutz vor der Zusammenführung völlig unterschiedlicher Lebensbereiche, wie sie etwa die "bereichsspezifische Personenkennzahl" bietet, wird damit zunichte gemacht. Es ist die Sozialversicherungsnummer, die personenbezogene Vorgänge aus dem Familienleben, Alltag, Gesundheit und Beruf verknüpft. Derartige hochintgre, gut gepflegte und stets aktuelle Datensätze, die sämtliche Zahlungen Bürger-Staat und umgekehrt abbilden, aber werden unwiderstehliche Objekte der Begierde korrupter Bürokraten, Erpresser und anderem Gelichter sein. Und so gehen die Parteien vor, wenn es sie selbst betrifft: Wie die Rechnungshofberichte zeigen, wird nur ein Bruchteil der etwa 300 Millionen Euro, die von den Parteien pro Jahr zusammen lukriert werden, dem Rechnungshof gemeldet. Sanktionen bei Fehlinformationen gibt es nicht.

Begründung der Jury

Wie die seit 19 Oktober fix beschlossene "Transparenzdatenbank" genau aussehen soll, ist noch nicht im Detail bekannt. Die ersten über Josef Prölls Idee bekanntgewordenen Informationen zur Umsetzung dieses neuen Datenbankmolochs, laufen auf die direkte Verknüpfbarkeit der Datensätze aus den einzelnen Ministerien hinaus. Ein besonderes Anliegen war es der Jury, das ungeheure Transparenzgefälle zwischen Parteien und Bürger aufzuzeigen: Hie der gläserne Bürger, dort ein weitgehend opakes Parteienfinanzierungssystem.

Kategorie Behörden und Verwaltung

Staatssanwaltschaft Wien: Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren

Rechtstitel bestand in Österreich zwar keiner, Amtshilfe wurde für die Staatsanwaltschaft München trotzdem geleistet - auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien wurden zwei österreichische Journalisten, die für ein österreichisches Medium [profil] arbeiten als "Beschuldigte" zur Einvernahme in das Landeskriminalamt Wien bestellt. Bloßes Zitieren aus den Gerichtsakten eines laufenden Verfahrens ist in Österreich legal und stellt keinen Straftatbestand wie in Deutschland da. Da Ähnliches aus gleichem Anlass drei weiteren österreichischen Journalisten [News, Wirtschaftsblatt] widerfuhr, drängt sich schon der Verdacht auf, dass es sich dabei weniger um juristische Inkompetenz, sondern vielmehr um Methode handelt. Dieselbe Staatsanwaltschaft Wien ist nämlich zeitgleich durch einen eigenwilligen Umgang mit dem Terrorismusparagrafen aufgefallen, wegen zweier Mistkübelbrände wurde über vier Studierende eine mehrwöchige Untersuchungshaft verhängt. Die solchem Ungeist eng verwandte Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wendet den genannten Paragrafen 278a ("Terroristische Vereinigung") hingegen vorzüglich auf Tierschutzaktivisten an. Was die Verfolgung von Journalisten angeht, so hat es den Niederösterreichern weniger der Printbereich, als vielmehr Video angetan. Gegen einen TV-Dokumentaristen [ORF] und zwei Skinheads wird gleichermaßen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ermittelt, Anlaß dafür: Ein Zuruf von Heinz Christian Strache [FPÖ]. Die Staatsanwaltschaft reagierte prompt und ordnete die Beschlagnahme des gesamten Drehmaterials an.

Begründung der Jury

Die Entscheidung in dieser Kategorie war nicht ganz einfach, als hartnäckigster Konkurrent erwies sich der beschämende Striptease den Neo-Österreicher abolsvieren müssen. Letztendlich standen dann doch die Staatsanwaltschaften am tiefsten in der Ungunst der Jury. Der wiederholten Versuche, Deutsches Recht in Österreich umzusetzen, nur weil den Staatsanwaltschaften offenbar ein Paragraf gar so gut gefällt, der Zitieren aus Gerichtsakten unter Strafe stellt, waren die letzten Tiefpunkte einer Entwicklung, die konsequent in eine Richtung ging.

Kategorie Kommunikation und Marketing

T-Mobile Austria: Big Brother Netzbetreiber stellt sich dumm

"Wenn Sie unerwünschte Kurznachrichten erhalten haben und Ihnen dafür Gebühren angefallen sind" dann tut das T-Mobile zwar leid, man hat aber "leider keinen Einfluss darauf, ob und an wen diese SMS versendet werden", da dies von Drittfirmen geschehe."Für uns ist nicht nachvollziehbar ob/wie ... und wann dieser Mehrwert-Dienst angemeldet bzw. bestellt wurde – dies kann nur der Dienstanbieter." T-Mobile weiß also nichts, hat keinen Einfluss und kann nicht nachvollziehen, was im eigenen proprietären T-Mobile-Netz geschieht - wie gut, dass wenigstens das Billing klaglos funktioniert. Monate nach den ersten Beschwerden über massenhaft versandte, betrügerische Mehrwert-SMS, die pro Stück mit fünf Euro [!] vergebührt wurden, kassierte der Mobilnetzbetreiber immer noch dabei mit, anstatt die Betrüger aus dem Netz zu werfen, oder die Mehrwertdienste sofort zu deaktivieren. Eine Reaktion erfolgte erst, wenn ein Kunde den Betrug bemerkt und sich beschwert hatte. Und dann hatte man seitens des Netzbetreibers noch die Stirn, das als "kulant" zu bezeichnen: "Im Sinne der Kundenzufriedenheit haben wir uns dazu entschlossen aus Kulanz die Gebühren der verrechneten Mehrwertdienste zu übernehmen." Das ist Big Brother Netzbetreiber, der sich dumm stellt, solange das Inkasso funktioniert. Er kann sich darauf verlassen, dass der Kunde ohnehin keine Chance hat, die tatsächlichen Vorgänge im proprietären Netz von T-Mobile auch nur im Ansatz nachzuvollziehen.

Begründung der Jury

Die Jury hat sich erstens deshalb so entschieden, weil die Mehrwert-SMS-Abzocke leider ein Dauerbrenner für die österreichischen Mobilfunkkunden ist. Weitaus die meisten, vorliegenden Beschwerden betreffen das Netz von T-Mobile. Obwohl das Unternehmen seine Kunden ganz offensichtlich nicht vor massiver Abzocke durch Betrüger schützen kann - kassiert man ungerührt erst einmal mit ab. Und das geschieht solange, bis der Kunde den Betrug bemerkt und sich beschwert. Erst dann werden die Mehrwertnummern von T-Mobile gesperrt, was wiederum nur lückenhaft funktioniert.

Kategorie Lebenslanges Ärgernis

Die Internetabsperrer

Die amtlichen Stopptaferlaufsteller, deren Vorgangsweise - Manipulation des Domain Name Systems - jener der Phishing-Betrüger technisch zum Verwechseln ähnlich ist, sind nicht die einzigen Internetabsperrer. Massives Interesse daran hat auch die Medien- und Unterhaltungsindustrie, sowie jene Politiker, die sich von dieser Lobby Vorteile für die Öffentlichkeitsarbeit versprechen. In welch engem Verhältnis zwei völlig ungleiche Delikte wie Downloads von urheberrechtsgeschütztem Material und sexueller Missbrauch von Kindern stehen, lassen wir am besten einen Vertreter der genannten Lobby selbst erklären. Wörtliches Zitat von Johan Schlüter, Anwalt und Lobbyist der International Federation of Phonographic Industries in Dänemark auf einer Veranstaltung der amerikanischen Handelskammer in Stockholm am 27. Mai 2007: "Kinderpornografie ist großartig, weil sie von Politikern verstanden wird. Wenn wir diese Karte spielen, kriegen wir sie dazu, zu handeln und Websperren einzuführen. Wenn das geschafft ist, werden sie auch bereit sein, Filesharing-Sites zu blockieren."

Kategorie Volkswahl

Claudia Bandion-Ortner [ÖVP], Justizministerin

Wie der Verlauf dieser Gala zeigt, haben sich die Ministerinnen und Minister der ÖVP im Jahr 2010 nachgerade um diese Preise angestellt. Trotz eines veritablen Kraftakts in letzter Minute - kleine Mädchen der Mutter wegnehmen und in Schubhaft stecken - hat es für Innernministerin Maria Fekter heuer trotzdem nicht gereicht. Claudia Bandion-Ortner war in der Ungunst des Publikums heuer einfach nicht zu schlagen. Während die Gangster mit den weißen Kragen weiterhin frei herumlaufen, weil partout keine Anklage gelingen will, verhängte man unter ihrer Ägide als Justizministerin wegen eines brennenden Mistkübels zum Beispiel mehrwöchige Untersuchungshaft über vier jungen Menschen. Das sogenannte Terrorismuspräventionsgesetz hat nämlich zivilen Ungehorsam in prekäre Nähe zur schweren Kriminalität gerückt. Der Muff von tausend Jahren, der uns 2010 aus den Staatsanwaltschaften entgegenweht, musste man nicht erst aus Deutschland importieren, denn der ist hausgemacht: Im Bundesministerium für Justiz.

Defensor Libertatis

John Young et al. für das Projekt Cryptome

Was ein Mensch für die Weltöffentlichkeit bewirken kann, beweist der New Yorker Architekt John Young. Seit 1996 haben sich auf der von ihm verantworteten Website Cryptome.org mehr als 56.000 Dokumente angesammelt, deren Verfügbarkeit Regierungen rund um die Welt ein permanenter Dorn im Auge ist. Wenn Meldungen über im Internet veröffentlichte Namenslisten von MI6 oder CIA-Agenten durch die Breitenmedien gingen, dann fanden sich diese Listen in Zeiten vor Wikileaks stets auf Cryptome. John und seine langjährige Partnerin, die Kartografin Deborah Natsios stellen Cryptome seit Mitte der 90er Jahre diese Plattform zur Verfügung. Seit 1995 wird sie von einer weltweiten Community - zu der unter anderen die legendären Cypherpunks gehören - dazu benutzt, geheimgehaltene, unterdrückte oder sonstwie zensurierte Dokumente der Weltöffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Wann immer es in der Vergangenheit zu riskant erschien, gewisse, eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokumente europäischen Ursprungs im EU-Raum ins Netz zu stellen, genügte eine Mail an John und schon waren sie öffentlich. Cryptome hat sich im Lauf der Jahre mit praktischem jedem Protagonisten des militärisch-elektronischen Überwachungskomplexes [nicht nur] der Vereinigten Staaten von Amerika angelegt: Mit vielen davon auch persönlich, weil John Young den grassierenden Überwachungswahn ganz persönlich nimmt.

Für ein Leben im Kampf gegen Überwachung und Zensur und für nachgerade beängstigenden Mut wird deshalb der "Defensor Libertatis" an den Verteidiger der Freiheit, John Young verliehen. Für uns und alle anderen aber bedeutet dieses Vorbild: Schafft ein zwei, drei, viele Cryptomes! Schafft ein, zwei, drei - schafft viele Wikileaks!

Reaktion von Cryptome

Thanks everyone and you in particular for the distinguished award. We listened to most of it, albeit crippled by minimal knowledge of German. Mother of all Wikileaks we heard clearly, thank you. 1. The honor should go to Cryptome, a collaboration of thousands, not to John Young, the backroom grunt who provides janitorial labor.

2. A principal collaborator is my long-time Cryptome partner, Deborah Natsios, who also avoids the spotlight in favor of quiet scholarship. I do that too but keep it even quieter.

3. Celebrating Cryptome should encourage others to do something similar, as you say, one, two, three and beyond. As Wikileaks was encouraged, and as it will inspire others to do.

4. Quintessenz is a collaborator, as are cypherpunks, and multitudes of others around the world, many preferring to remain anonymous and not seek celebrity over public service.

5. Cryptome could not happen without the vast opportunities of the collaborative Internet to avoid the constricted control of heirarchical authoritatives -- who will forever attempt to use the Internet to maintain control as if a god-given responsibility.

6. Disobedience of authoritatives is essential, as the Big Brother Awards amply evidence.