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In der Kategorie "Politik" wurden nominiert:

Wie jedes Jahr haben alle Nominierten die Möglichkeit, sich mit Kommentaren an info@bigbrotherawards.at zu wenden. Wir veröffentlichen dann die Reaktionen unter der jeweiligen Nominierung.

Digitales Vermummungsverbot durch SIM-Registrierung

Klarnamenpflicht (Digitales Vermummungsverbot) Klarnamen und Wohnsitz von Forennutzern + SIM-Registrierung

  • Spätestens nach jedem Shit-Storm bricht sie wieder an, die leidige Diskussion über die Klarnamenpflicht in Internetforen. Bei dieser Diskussion wird jedoch bewußt unterschlagen das die Shit-Storms gerade in den Netzwerken stattfinden, die nur mit einer echten Identität genutzt werden dürfen, hauptsächlich also in Facebook, und nur deswegen diese extreme erreichen weil jeweils die Massenmedien darüber berichten.

    Einen ähnlichen Automatismus findet man bei den großen Site-Betreibern, die aufgrund der zahlreichen Hacker-Attacken ihre User Richtung 2-Faktor-Authentisierung puschen, vorspielend dass ein Account nur durch die Preisgabe der Handynummer sicher sein. Dabei wird gerne vergessen das es andere viel sicherere Methoden geben würde etwas abzusichern nur weil man unbedingt zur Telefonnummer kommen möchte - hat sich doch die Handynummer in den letzten Jahren zur wohl einzigen weltweiten User-ID entwickelt. Kaum verwunderlich dass daher viele Dienste diese Nummer als Schlüssel nutzen um über alle Grenzen hinweg die User identifizieren zu können. Dabei kommt diesen Diensten gelegen das die Handynummer eine weltweit eindeutige ID ist - jede Telefonnummer kann nur einmal vergeben werden.

    Was Begehrlichkeiten der Internetgiganten weckt geht natürlich auch nicht an den in der Politik tätigen unbemerkt vorüber - und schon werken die Spindoktoren wie sie dies für die Interessen der Politik nutzbar machen können. Nicht verwunderlich dass so die SIM-Karten-Registrierungspflicht erfunden wurde - damit ist anonymes Telefonieren nicht mehr möglich. Da ein unreguliertes Internet schon immer ein Dorn in den Augen machtbewusster Politiker war, die keine Sphäre des bürgerlichen Lebens außerhalb ihres Einflussbereiches akzeptieren können. Durch die Verknüpfung von 2-Faktor-Authentisierung und SIM-Registrierungspflicht können beide Seiten auf Kosten der User gewinnen. Kein Wunder also, obwohl die DSGVO ausdrücklich verbietet, dass Daten die für den einen Zweck gesammelt wurden für einen anderen Zweck genutzt werden dürfen - aber wen stört das wenn man sich entsprechende Gesetze schreiben kann, und so erfährt der erstaunte Wähler von einer ominösen Software zur De-Anonymisierung, die die neu gewonnen Daten der SIM-Registrierung via API für Abfragen über das Internet freigegeben.


  • Quellen:
    • [derstandard]: Minister Blümels ominöse Software zur De-Anonymisierung
      Der Dienst, mit dem die Regierung die Anonymität im Netz abschaffen will, heißt "Mobile Connect". Seine Funktion deckt sich nicht mit dem Gesetzesentwurf – und könnte auch gegen das Telekommunikationsgesetz verstoßen
    • [derstandard]: Blümel in der "ZiB 2" über Anonymität im Netz: "Ein Blödsinn, was Sie da reden"
      Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigte am Mittwochabend im "ZiB 2"-Interview die Pläne der Regierung für eine Abschaffung der Anonymität in großen Online-Foren. Künftig müssen Medien mit großer Reichweite, hohem Umsatz oder solche, die mindestens 50.000 Euro Presseförderung beziehen, die Identität ihrer User verwahren – für den Fall, dass diese sich in Postings strafbar machen.
      Neuigkeitswert hatte auch die Erklärung des Medienministers, wie die verpflichtend hinterlegte Handynummer zur Identifikation beitragen soll: "Da gibt es die technischen Möglichkeiten, wo im hinteren Bereich eine Software abläuft, die gleich identifiziert: Passt da diese angemeldete Handynummer mit dem Namen und der Adresse zusammen oder nicht."
    • [derstandard]: Digitaler Ausweiszwang - Regierung will Anonymität im Netz abschaffen – mit hohen Strafen
      Der IT-Rechtsanwalt Markus Dörfler kritisiert im STANDARD-Gespräch, dass in den erläuternden Bemerkungen zu dem Entwurf immer wieder davon gesprochen wird, dass in der digitalen Welt die gleichen Prinzipien wie in der realen gelten müssten. "In der realen Welt verlange ich aber nicht vorbeugend einen Ausweis", sagt er zum STANDARD. Aus seiner Sicht handle es sich um den ersten Schritt zu einer Zensurinfrastruktur.
    • [kontrast]: Warum die Ausweispflicht im Internet die Meinungsfreiheit einschränkt
      Dass User-Namen verpflichtend mit echten Namen in Verbindung stehen müssen, gibt es in keinem europäischen Land. Nur Südkorea und China haben ähnliche Regelungen – dort ist Hass im Internet laut Studien dennoch um nicht einmal ein Prozent zurückgegangen. Die aktuellen gesetzlichen Mittel gegen Hass im Netz, gegen Cybermobbing und Bedrohungen sind an sich ausreichend und müssen nur angewandt werden. Die Pläne von Gernot Blümel gefährden die Meinungsfreiheit.
      Demokratie und Meinungsfreiheit braucht Nicknames
    • [futurezone]: Die Ausweispflicht im Internet ist eine Schnapsidee
      Doch im Kampf gegen Hass im Netz nützt ein solcher Schritt so gut wie gar nichts - was übrigens auch sämtliche Experten seit Jahren predigen, durch Studien belegt ist und auch im Vorfeld dieses Gesetzesentwurfs mehrfach wieder betont wurde. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass es zu einer (weiteren) Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Bürgerrechte kommt. Menschen, die auf Anonymität im Internet angewiesen sind, etwa aufgrund politischer oder beruflicher Gründe, müssen künftig fürchten, ganz leicht nachverfolgbar zu werden. Ganz zu schweigen von generellen Sicherheitsaspekten, die sich durch die erweiterte Datensammlung ergeben. Das beste Beispiel dafür lieferte Südkorea, wo man mit der Identifikationspflicht auf voller Linie gescheitert ist.