#BBA19 Your Data is in the Air

In der Kategorie "Kommunikation und Marketing" wurden nominiert:

Wie jedes Jahr haben alle Nominierten die Möglichkeit, sich mit Kommentaren an info@bigbrotherawards.at zu wenden. Wir veröffentlichen dann die Reaktionen unter der jeweiligen Nominierung.

JÖ Bonusclub

  • Hatte die Kreativagentur noch den Georg Danzer Hit in ihren Ohren, als sie einen Namen für einen Club suchten, der die Bedeutung eines “Gläsernen Kunden” auf eine bisher unerreichte neue Ebene hob?

    Anscheinend reicht es nicht mehr das Kaufverhalten einer Handelskette zu sammeln um ein besseres Angebot für ihre Kunden machen zu können - denn vergessen wir nicht, all dies passiert ja nur zur Produktoptimierung. Da Rewe ja mehrere Handelsketten in Österreich betreibt, macht es sicherlich aus Konzernsicht keinen Sinn für jede Tochter ein eigenes Bonusprogramm zu betreiben, dass die Bonuskarten der verschiedenen Konzerntöchter daher zusammengelegt werden sollen ist nachvollziehbar. Nur durch eine gemeinsame Kundenkarte gerät der Konzern nicht in die Gefahr, jemand könne die Datenweitergabe zwischen den Konzerntöchtern auf Grund von Datenschutzgesetzen kritisieren.

    Wenn man eine Mega-Karte plant, dann ist Klotzen angesagt, und so werden möglichst viele Partner zusammengeschlossen - auch von außerhalb der Konzerngrenzen - und mit dieser hinzugewonnenen gigantischen Kundenbasis lassen sich noch mehr Transaktionen und Informationen über Kaufverhalten, Ort und Zeitpunkt erhalten. Kein Wunder, dass Data Mining und Analytics so wichtig wurden, dass dafür eine eigene Konzerntochter gegründet wurde.

    Wen wundert es da schon, wenn der Verein für Konsumenteninformation (VKI) vor "Jö" warnt, und Sorgen bezüglich des Datenschutz anmeldet. Wenn alle Kundentransaktionen von Billa, Billa Reisen, Bipa, Merkur, ADEG, Penny Markt, Libro, Pagro Diskont, OMV-Tankstellen, Interio, Bawag PSK, Zgonc zusammen ausgewertet werden können bekommt man beim Profiling ganz andere Szenarien - und für alle, die sich diesem Diktat nicht unterwerfen wollen, wird es immer schwieriger einkaufen zu können ohne einen Laden dieses Club betreten zu müssen.

    Irgendwer muss die Werbung und Verwaltung der Karte ja bezahlen, da diese sicherlich nicht auf Kosten des Gewinns von Rewe ausgegeben wird, und so bleiben wohl nur die Kunden und Lieferanten übrig, die die Mehrkosten tragen müssen. So soll eine Kostenbeteiligung an der Einführung der 'Jö-Karte' gefordert werden, und als Gegenleistung würden den Lieferanten die Daten aus den Kartenumsätzen zur Lizenzierung angeboten. "Diese Daten haben für manche Lieferanten aber einen sehr geringen bis keinen Mehrwert gegenüber konventionell am Markt erhältlichen Daten", so die Geschäftsführerin des Fachverbandes, Katharina Koßdorff. Erschreckend für den Konsumenten, der so erfährt dass seine Daten aus seinem Kaufverhalten über den Kreis der Partnerfirmen hinaus auch an die Lieferanten weitergegeben werden soll.

    Das Wettbewerbsrechts kennt die Marktbeherrschende Stellung und das Kartellrecht versucht Marktverzerrungen zu verhindern, wenn Unternehmen immer mehr fusionieren und am Ende nur noch ein Monopol den freien Markt dominiert. Hier handelt es sich zwar um keinen Unternehmenszusammenschluss, aber für den Kunden entsteht indem er sich an den Club bindet sehr wohl ein zumindest moralischer Druck bei einem der Partner einzukaufen, da er sich ansonsten subjektiv schädigt.

    Wenn das Ziel von “JÖ” ist, die Treffsicherheit von Angeboten zu erhöhen, so sollte sich der Konsument vielleicht fragen wer bei einer solchen Übermacht langfristig getroffen wird.


  • Quellen:
    • [futurezone]:
      Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) warnt vor "Jö", dem neuen Bonusprogramm des Rewe-Konzerns. Vor allem beim Datenschutz habe man Bedenken, weil man nicht wirklich nachvollziehen könne, wie die Daten verwendet werden.
    • [handelszeitung]: Start für den jö Bonus Club von Rewe & Partnern
      Der jö Bonus Club ist eine 100%-Tochter von Rewe International. Unter seinem Dach werden die bisherigen Kundenkarten und Kundenbindungsprogramme von Billa, Bipa, Adeg (92 % der Kaufleute sind schon dabei), Merkur und Penny zusammengefasst. Dazu kommen die Partnerunternehmen Billa Reisen, BawagPSK, interio, Libro, Pagro Diskont und OMV, die ebenfalls am jö Bonus Club teilnehmen. In Zukunft soll die Partnerpalette mit dem Ziel einer möglichst hohen Angebotsvielfalt erweitert werden.
    • [diepresse]: Jetzt empören sich auch Lieferanten über die Jö-Card
      Als Gegenleistung für die Beteiligung am Umsatz würden den Lieferanten die Daten aus den Kartenumsätzen zur Lizenzierung angeboten. "Diese Daten haben für manche Lieferanten aber einen sehr geringen bis keinen Mehrwert gegenüber konventionell am Markt erhältlichen Daten", so die Geschäftsführerin des Fachverbandes, Katharina Koßdorff, laut dem Schreiben, das der APA vorliegt.
    • [vki]: jö Bonus Club,Viele Beschwerden
      Wir raten Ihnen: Sagen Sie „Nö zu jö“ (Zitat eines Leserbriefs), sollte Ihnen Ihre Privatsphäre wichtig sein. Andere Unternehmen zeigen, dass es auch ohne Kundenkarte, Datensammeln und mühsame Rabatt-Konstrukte geht.
    • [orf]: Datenschutzbedenken bei neuer Jö-Kundenkarte

      Wenn personenbezogene Daten angefordert werden oder gelöscht werden sollen, müsse ein Unternehmen natürlich sicherstellen, dass kein Unbefugter an die Informationen gelangt. Ein Unternehmen dürfe zusätzliche personenbezogene Daten aber nur dann verlangen, wenn es nachweisen kann, dass eindeutige Zweifel an der Identität des Antragstellers bestehen, so Gladt.
      Im Normalfall sollten jene Daten, die für den normalen Kundenverkehr notwendig sind, auch ausreichend sein, um Datenauskünfte zu erhalten. Wer etwa online eine Überweisung tätigt, muss seine Identität mittels einer Verfügernummer und eines TAN-Codes verifizieren. Da für die Bank diese Sicherheitsmerkmale ausreichend sind, wenn es darum geht, hohe Geldbeträge zu bewegen, darf sie auch keine zusätzlichen Identifikationsmaßnahmen einfordern, wenn der Kunde Einblick in persönliche Datensätze verlangt, sagt Gladt.