HTML-Transkript der PDF-Datei:  http://www.bigbrotherawards.at/2002/nominees/reaktionen/ADAspr01.pdf

          

 

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ARGE DATEN - Österreichische Gesellschaft für Datenschutz
Unser Zeichen: ADAspr01.doc

Fax: +43/(0)512/5360 - 1554

Herr
Dipl.-Ing. Eugen Sprenger

Historisches Rathaus,
Herzog-Friedrich-Straße 21
6020 Innsbruck

 

Wien, 3. November 2002

 

Betreff:   Ihr Schreiben vom 29.10.2002

Sehr geehrter Herr Diplomingenieur!

Als Mitglied der Jury, als Obmann der mitveranstaltenden Organisation ARGE DATEN und auch als maßgeblich mit ihrem Fall befaßte Person, möchte ich kurz auf Ihren Brief eingehen.

Ihre Nominierung und die anschließende Zuerkennung des BigBrotherAward's Austria 2002 für die Kategorie "Behörden&Verwaltung" erhielten Sie, weil Sie nach unseren Recherchen (siehe unten www.innsbruck.at) politisch verantwortlich für das Ressort soziale Angelegenheiten der Stadt Innsbruck sind. Wir hatten keinen Anlaß anzunehmen, dass die Angaben auf der Homepage der Stadt Innsbruck zu Ihrer Person falsch, unvollständig, veraltet wären.

Das kritisierte Sozialhilfe-Formular wird offenbar vom Sozialamt der Stadt Innsbruck verteilt, obwohl der gesetzlich vorgeschriebene Hinweis auf den Verantwortlichen der Datenerhebung fehlt! (DSG 2000 §24)

Dies ist aber nur der erste einer langen Liste fragwürdiger Punkte, die dieses Formular enthält. Sie finden dazu eine sehr umfassende Darstellung unter http://www.argedaten.at/news/20021011.html

Besonders hervorheben möchte ich, das Sie die Menschen zwingen im Namen Dritter Einverständniserklärungen abzugeben, was aus unserer Sicht rechtlich unzulässig ist. Wir haben daher einigen Betroffenen geraten, entsprechende Beschwerde bei der Datenschutzkommission einzulegen. Aus Angst vor Sanktionen und einer schikanösen Behandlung in der Prüfung der Sozialhilfeanträge werden sie es jedoch nicht tun.

Es ist langjährige Praxis der BigBrotherAwards die Verantwortlichen für problematische Eingriffe in die Privatsphäre nicht um Erlaubnis zu Nominierung und Auszeichnung zu fragen. Es ist weiters langjährige Praxis nur öffentlich dokumentierte Fälle auszuzeichnen. Wir berücksichtigen bei der Nominierung auch allfällige öffentliche Stellungnahmen und Korrekturen. Es ist auch langjährige Praxis, wo immer es möglich ist, konkrete Personen und nicht bloß Sachverhalte, auszuzeichnen. Dies völlig unabhängig von allfälliger parteipolitischer Zuordnung, wenn Sie sich die lange Reihe der Preisträger ansehen, werden Sie mir zustimmen. Wir kennen Ihr parteipolitisches Bekenntnis nicht und - offen gesagt - es interessiert mich auch nicht.

Um den Preis zu bekommen ist es nicht unbedingt notwendig, formal Gesetze zu brechen. Mit der Verfolgung von Rechtsbrüchen sind zuständige Gerichte und Verwaltungsbehörden zu befassen. Der BBAA-Preis wird jenen verliehen, die Rechte der Privatsphäre gering schätzen oder für ihren persönlichen oder behördlichen Zweck mißachten.

Verschärfend kommt in ihrem Fall jedoch hinzu, dass einige Teile des Formulars nach unseren Analysen sogar den DSG-Bestimmungen widersprechen (fehlender Hinweis auf Verantwortlichen, Eingriffe in Rechte Dritter, unbestimmte Formulierungen, Zustimmungsermächtigungen, die für den Betroffenen nicht nachvollziehbar sind und Entbindungen vom "Amtsgeheimnis", die ein Betroffener gar nicht leisten kann).

Sollten Sie ernsthaft Sorge haben, dass Sozialhilfegelder in betrügerischer Absicht erschlichen werden, kennt die österreichische Rechtsordnung eine Fülle von Eingriffs- und Sanktionsmöglichkeiten. Eine Sprenger'sche Sondergerichtsbarkeit ist nicht notwendig und sollte mit dem Ende der NS-Zeit auch nicht mehr denkbar sein.

Ihre Distanzierung vom Erhebungsbogen und die dazugehörige Begründung klingen nach dem wenig durchdachten Versuch der Kindesweglegung. Niemand wird so naiv sein, anzunehmen, dass Sie persönlich das Formular entworfen haben. Ich möchte mich auf dieses Niveau der Auseinandersetzung nicht hinunter begeben. Dass derartige Formulare ohne geeignete Prüfung und Kontrolle in Umlauf kommen, verschärft Ihre politische Verantwortung.

In diesem Sinne, und ich bin mir sicher, dass Sie die Symbolkraft sehr gut verstehen, wird die symbolische Preisverleihung nicht zurückgenommen. Die faktische Übergabe der Trophäe wird wohl angesichts der Tatsache, dass die Kakerlaken längst schon wieder in ihrem Terrarium sind, vermutlich nicht mehr stattfinden.

Ich stehe jedoch nicht an, eine allfällige Änderung des Erhebungsformulars, sofern diese auch praktische Auswirkungen hat, ebenso zu veröffentlichen, wie den ursprünglichen Tatbestand.

Mit vorzüglicher Hochachtung

 

Hans G. Zeger

 

----------- www.innsbruck.at ------------------
2. Vizebürgermeister
Dipl.-Ing. Eugen Sprenger:
Ressortzuständig für die Ämter Soziales sowie Jugendwohlfahrt und soziale Einrichtungen; für das Amt Gesundheit, Markt- und Veterinärwesen; für die Grünanlagen (Stadtgartenamt, Grünanlagen - Planung und Bau, Friedhöfe) und das Amt Land- und Forstwirtschaft, Umwelt. Präsident des Innsbrucker Sozialfonds. Büro: Historisches Rathaus,
Herzog-Friedrich-Straße 21, 1. Stock,
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